Werden Großveranstaltungen in Deutschland wieder verboten, müsste auch der Handball wieder vor leeren Rängen spielen. (IMAGO / Noah Wedel)
26.000 Zuschauer beim Fußball-Länderspiel Deutschland-Liechtenstein in Wolfsburg. Ist das angesichts der aktuellen Pandemie-Entwicklung verantwortbar? Lothar Wieler, der Chef des Robert-Koch-Instituts, rät grundsätzlich bei Großveranstaltungen zur Vorsicht. “Wenn sie durchgeführt werden, dann nur mit maximaler Sicherheit, die uns zurzeit zur Verfügung steht, also mit allen Werkzeugen, die wir haben. Am besten wäre es, wenn wir Großveranstaltungen absagen würde, ganz klar.” Insbesondere Großveranstaltungen in Innenräumen sind damit gemeint.
“Wenn das so kommen würde, wie es das RKI heute Morgen tatsächlich empfohlen hat, dann würden wir in die Situation zurückfallen, die wir vor ziemlich genau einem Jahr hatten”, meint Frank Bohmann, der Ligageschäftsführer der Handball-Bundesliga. Seine Liga wäre von einer solchen Maßnahme natürlich betroffen. Er selbst kommt im Moment des Interviews vom Spiel des THW Kiel gegen den Bergischen HC mit 9000 Fans in der Halle.
“Werden nicht in vorauseilendem Gehorsam irgendetwas absagen”
Dass schon am Wochenende Spiele ausfallen könnten, hält Bohmann für ausgeschlossen. “Morgen es abzusagen, das wäre schon arg kurzfristig. Ansonsten bleiben wir aber natürlich in ganz engem Kontakt mit der Politik. Wir werden aber auch nicht in vorauseilendem Gehorsam irgendetwas absagen.”
Unter anderem steht am Samstag das Topspiel der Bundesliga an. Die zweitplatzierten Füchse Berline empfangen den Tabellenführer SC Magdeburg, live in der ARD-Sportschau, eine wichtige Bühne für die Handballer. Trotzdem sagt Bohmann natürlich auch: “Es bleibt dabei, dass Gesundheit über allem steht.”
“Man darf Sport nicht gegen Corona ausspielen”
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) schließt aufgrund der steigenden Infektionszahlen nicht aus, bei Sportveranstaltungen auf eine 2G-Regelung zurückzugreifen. Es müsse verhindert werden, dass Sport “insgesamt verboten werde”, sagte Herrmann im Deutschlandfunk.
Einige Bundesländer haben schon eine 2G-Regel für Veranstaltungen erlassen, zum Beispiel Berlin, Sachsen oder Hessen. Liga-Chef Bohmann geht davon aus, dass das in Kürze bundesweit passiert. Regionaler Inzidenz-Rekordhalter ist der bayerische Landkreis Rottal-Inn mit einer Inzidenz von mehr als 1100. Für die Vereine dort, wie den Fußball-Landesligisten SSV Eggenfelden, ist die Hospitalisierungsrate aber der entscheidende Faktor, erklärt der sportliche Leiter des Vereins, Alexander Köberl: “Bis die Krankenhausampel gelb war, war es noch nicht so dramatisch. Jetzt bei Rot stellt es sich vor allem beim Vereinsheim auf 2G um.”
Das sei schmerzvoll, so Alexander Köberl weiter, weil für viele das Vereinsheim auch ein Stück Heimat bedeute. Das fällt für Ungeimpfte jetzt aber weg. “Da muss man einfach ganz klar sagen: Okay, gibt kein Vereinsheim. Alles, was zur Gemeinschaft und Zusammenhalt ist, ist momentan auf Null zurückgefahren fast.”
Spiel- und Trainingsbetrieb weitestgehend normal
Austritte von Mitgliedern gäbe es bisher in Eggenfelden wegen der 2G-Regel aber nicht. Der Spiel- und Trainingsbetrieb könne einigermaßen normal weiterlaufen. Draußen gelte nach wie vor 3G. “In der Halle wurde komplett schon 2G festgelegt, das hat für uns momentan keine Priorität. Es ist noch keiner in der Halle, wir versuchen möglichst lange draußen zu bleiben.”
Köberl berichtet auch, die Polizei würde verstärkt die Einhaltung der Maßnahmen kontrollieren. Grundsätzlich sei es aber ohnehin so, dass fast alle im Verein geimpft seien. Das gilt auch für die Handball-Bundesliga, so Liga-Chef Bohmann. “Wir boostern gerade alle Mannschaften und alle aktiv Beteiligten. Wir ohnehin eine fast 100 Prozentige Impfquote bei den aktiv Beteiligten. Wir haben tatsächlich nur drei Spieler, die ungeimpft oder ungenesen sind.”
“Mussten nicht viel Überzeugungsarbeit leisten”
Mit einer Impfquote von 99 Prozent ist die Basketball-Bundesliga in die neue Saison gestartet. “Wir mussten nicht viel Überzeugungsarbeit leisten”, sagte Marco Baldi, Geschäftsführer von Alba Berlin im Dlf.
Die nächsten Wochen seien entscheidend, ob es einen zweiten harten Winter für den Sport in Deutschland gebe, glaubt Bohmann. Noch hofft er, dass alles weiterlaufen könne. Sonst müsse man alle Maßnahmen von vor einem Jahr wieder hervorholen: Mit Sponsoren verhandeln, Spielergehälter nach unten verhandeln und sich um Staatshilfen bemühen.
Noch 165 Millionen Euro im Hilfstopf
“In dem Hilfstopf für den Profitopf sind tatsächlich noch von den 400 Millionen. Euro, die vorgesehen waren, noch 165 Millionen vorhanden.” Die müsse man aber nur anzapfen, wenn es wirklich zu einem erneuten Stopp des Spielbetriebs käme.
Finanzielle Sorgen kennen natürlich auch die Breitensportvereine. Viele würden jeden Euro umdrehen, sagt Alexander Köberl aus Eggenfelden. “Ich fürchte nur, wenn jetzt die ganzen Veranstaltungen wie Bürgerfeste und Christkindlmarkt, wo der Verein Stände hat, abgesagt werden. Die Jugend lebt von dem, was der Verein da macht. Und wenn die Jugend nicht unterstützt werden kann, dann wird das ein Thema die nächsten drei bis fünf, oder sogar zehn Jahre, weil es dann einige Vereine zerlegt.”