Lange waren erfolgeiche Start-ups, die auf hochkomplexer Technologie basieren, in Deutschland eher eine Seltenheit. Trotz schwieriger Marktbedingungen ändert sich das gerade. Doch es fehlen Investoren, die ihre Technik überhaupt verstehen.
Als sie die Nachrichten aus dem kleinen Städtchen Livermore in Kalifornien hören, bricht auch bei dem kleinen Münchener Start-up Marvel Fusion Jubel aus. Erstmals war es den Wissenschaftlern am amerikanischen Lawrence Livermore National Laboratory (LLNL) gelungen, mittels Kernfusion mehr Energie zu erzeugen, als zuvor an Laserenergie aufgebracht werden musste. „Das ist der finale Beweis, dass kontrollierte Kernfusion funktioniert“, jubelt Heike Freund, die bei Marvel Fusion das operative Geschäft verantwortet. Für Marvel Fusion sei es das „letzte Puzzlestück“. Seit dem Jahr 2019 forschen die Münchner an der Kernfusion mittels Laser, haben knapp 2000 Experimente durchgeführt.
Anders als bei der Kernspaltung werden bei der Kernfusion Atomkerne eines Stoffes zum Kern eines anderen Stoffes verschmolzen. Aus Wasserstoff wird Helium. Diese Art der Kernenergie gilt als sauber, klimaneutral und quasi unerschöpflich. Doch bis die Technik kommerziell nutzbar ist, dürfte es noch dauern. „Die im Labor genutzten Laser können zweimal am Tag schießen, wir arbeiten an Lasern, die mehr als zehnmal pro Sekunde schießen können“, sagt Freund.
Marvel Fusion ist ein sogenanntes Deeptech-Start-up. Deeptech-Start-ups wollen nicht das nächste Zalando oder Delivery Hero werden. Sie entwickeln Produkte, die auf hochkomplexer Technologie basieren und einen besonders hohen Grad an Innovation aufweisen, bauen intelligente Energiespeicher, forschen an Quantencomputern oder schicken Raketen ins All.