Interview
Aleph Alpha-Deal KI-Investor Ensthaler: „Das gab es in Deutschland noch nicht“
Ludwig Ensthaler hat den Berliner Wagniskapitalfonds 468 Capital mitgegründet und sich schon früh auf das Thema Künstliche Intelligenz spezialisiert.
© 468 Capital
08.11.2023, 11:46 Uhr
Deutsche Champions wie Lidl, Bosch und SAP stecken eine Rekordsumme in die deutsche KI-Hoffnung Aleph Alpha. Investor Ludwig Ensthaler sagt: Wir stehen am Beginn einer neuen Ära der KI-Finanzierung. Im Interview spricht er über die Hintergründe des Deals
Das Heidelberger KI-Start-up Aleph Alpha hat diese Woche einen spektakulären Finanzierungs-Deal über eine halbe Milliarde US-Dollar bekannt gegeben. Das Besondere daran: Die Summe stammt nicht etwa von internationalen Finanzinvestoren, sondern von deutschen Unternehmen wie der Schwarz-Gruppe (Lidl, Kaufland), Bosch und SAP. Wie kam es zu dieser Allianz? Und was hat sie zu bedeuten?
Ludwig Ensthaler war nah dran an den Verhandlungen. Mit seiner Wagniskapitalfirma 468 Capital hat er schon früh in die Heidelberger KI-Firma investiert und ist auch an der aktuellen Runde beteiligt. Hier spricht er über die Hintergründe des Deals, eine neue Ära der KI-Finanzierung und Aleph Alphas Chancen im internationalen Wettbewerb.
CAPITAL: Herr Ensthaler, Ihr Portfolio-Unternehmen Aleph Alpha hat diese Woche eine rekordverdächtige Finanzierung verkündet. 500 Mio. US-Dollar für ein deutsches KI-Start-up – gab es das schon mal?
LUDWIG ENSTHALER: In Deutschland, glaube ich, gab es das noch nicht. Diese Runde ist ja in vielerlei Hinsicht sehr ungewöhnlich. Zum einen, weil fast ausschließlich Unternehmen investiert haben, die gleichzeitig als Kunden infrage kommen. Und zum anderen, weil es sich um lokales Geld handelt. In der Kombination ist der Deal schon einmalig. Im Grunde hat man sich solche Kooperationen zwischen Start-ups und Corporates ja immer erhofft – und hier ist es endlich mal gelungen.
Was war diesmal anders?
Eine Vielzahl von Dingen. Zum einen ist das Thema Künstliche Intelligenz einfach fundamental. Man muss dort einfach mitmachen, wenn man als Unternehmen relevant bleiben will. Zudem sehen wir bei KI-Investitionen eine ganz neue Dynamik, auch international: Die Wunschpartner vieler Start-ups sind nicht mehr so sehr die klassischen Finanzinvestoren, sondern eher etablierte Player. Sei es Microsoft und OpenAI oder Google und Anthropic.
Weshalb suchen KI-Start-ups auf einmal die Nähe zu den Etablierten?
Die etablierten Player bringen Kapital mit – und liefern auch oft Computer-Rechenleistung als Teil des Deals. Zudem haben sie meistens Zugang zu Kunden oder wollen die KI-Lösung selbst als Kunde nutzen. Das sind Synergien, die wir in vorherigen Technologie-Wellen so bisher noch nicht gesehen haben.
Vor 18 Stunden
Die Rekordfinanzierung für die KI-Firma Aleph Alpha ist vor allem eins: eine Investition in die Unabhängigkeit der deutschen Wirtschaft. Aber reichen 500 Mio. US-Dollar, um mit internationalen Konkurrenten mitzuhalten?
Wie sieht diese Symbiose im Fall von Aleph Alpha aus?
Es ist ja bekannt, dass die Schwarz Gruppe große Pläne mit ihrem Cloudgeschäft hat. SAP und Bosch arbeiten ebenfalls an Produkten, für die Aleph Alphas KI-Sprachmodell interessant sein könnte. Insofern merkt man hier schon den angelsächsischen Spirit, dass man viel zusammen vorhat.
500 Mio. US-Dollar sind für ein deutsches Start-up beachtlich. Internationale Wettbewerber haben jedoch deutlich mehr Kapital zur Verfügung. Zum Beispiel das US-Start-up OpenAI, das dieses Jahr 10 Mrd. Dollar von Microsoft bekommen haben. Weshalb wetten Sie trotzdem auf den Underdog aus Heidelberg?
Aleph Alpha hat ein paar Vorteile, die andere nicht haben. Da ist zum einen die geografische Komponente. Datenschutz ist für viele Kunden ein großes Thema. Dementsprechend fühlt sich der ein oder andere sicher wohler, wenn ihre KI-Software aus Deutschland kommt. Zudem hat Aleph Alpha immer einen starken Fokus darauf gelegt, seine Software „enterprise ready“ zu machen.
Was meinen Sie damit?
Der Trend geht dahin, dass Unternehmen diese KI-Modelle auf ihren eigenen proprietären Daten laufen lassen möchten. Zum Beispiel, um Produktionsprozesse zu verbessern. Unternehmen wollen dann natürlich auch festlegen, wer innerhalb der Firma auf welche Daten zugreifen kann. Da geht es um Zugriffsrechte und Geschäftsgeheimnisse. Als Start-up muss du so ein Firmenprodukt erst mal bauen. Das ist ein großer Schritt im Vergleich zu den KI-Lösungen, die sich nur an den normalen Internetnutzer richten.
Welches Potenzial steckt in solchen Firmen-KIs?
Unternehmensinterne Prozesse sind ein großes Thema. In der Verwaltung kann die KI zum Beispiel repetitive Aufgaben automatisieren oder verschlanken. Ansonsten dreht sich auch viel um Wissensgenerierung, etwa in der Pharmabranche oder in der Finanzindustrie. Insgesamt ist das volle Potenzial aber noch schwer abzusehen.
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