Es gibt politische Themen, die ein Land Jahrzehnte umtreiben. Und erst nach schier endloser Zeit stellt sich eine Lösung ein, manchmal sogar überhaupt nicht. In Großbritannien war es das Verhältnis zur Europäischen Union, in den USA die Diskriminierung der schwarzen Bevölkerung und in Frankreich die Sozialreformen. In Deutschland spaltete die Kernkraft im wahrsten Sinne des Wortes die Nation. Nach einem euphorischen Beginn, die Energie der Atome für friedliche Zwecke zu nutzen, entstand ausgerechnet in dem Land, in dem Wissenschaftlern wie Otto Hahn oder Lise Meitner die Kernspaltung gelang, eine gesellschaftliche Kontroverse, die nicht lösbar erschien. Eine neue Partei, die Grünen, wurde geboren, die dereinst sogar den Kanzler oder die Kanzlerin stellen könnte. Ihren Erfolg verdankt sie dem Widerstand gegen ein Atomprogramm, das billige Energie für alle versprach. Die Kernenergie wurde die Technologie in Deutschland, an der sich die Geister schieden, die eine Trennlinie zwischen Technikgläubigkeit und Technikskepsis begründete und maßgeblich zum Ende des gewohnten Drei-Parteien-Systems der Bundesrepublik beitrug. Jetzt will Deutschland am 15. April endgültig aus der Kernenergie aussteigen – unwiderruflich.