Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) möchte die Krankenhäuser grundlegend reformieren – doch aus den Ländern gibt es Widerstand. (picture alliance / dpa / Frank Molter)
Wenn sich alles durchsetzen ließe, was Karl Lauterbach an Reformplänen für die Krankenhäuser in dieser Woche vorgestellt hat, dann würde in der Tat einiges besser in Deutschlands Hospitälern, dann wäre viel gewonnen für die Pflegekräfte und Patienten, dann hätte sich viel getan bei der Gesundheitsversorgung in diesem Land. Wenn sich alles durchsetzen ließe, ja dann gäbe es handfeste Verbesserungen im Gesundheitswesen.
An Reformempfehlungen ist einiges dran
Auch wenn man nicht davon tönt, eine Revolution losgetreten oder das Primat der Ökonomie vor der Medizin gebrochen zu haben – so vollmundig war ja Karl Lauterbach –, auch wenn man´s etwas ruhiger angehen lässt, dann bleibt unterm Strich: Ja, an Lauterbachs Reform – genauer an den Reformempfehlungen seiner Expertinnen und Experten – da ist einiges dran.
Desolater Zustand der deutschen Kliniklandschaft
Und Reform tut auch not. Auch ohne Covid-Pandemie und Mangelversorgung bei Krankenhausbetten für Kinder, ist Deutschlands Kliniklandschaft in einem desolaten Zustand. Jedes fünfte Krankenhaus ist in wirtschaftlicher Schieflage. Pflegekräfte arbeiten am Limit und drüber hinaus. In einzelnen Regionen Deutschlands sollte man besser nicht allzu eilig entbinden müssen oder besser keinen Schlaganfall bekommen, in anderen Regionen hingegen verhält es sich mit der Auswahl an Operationsmöglichkeiten fürs neue Knie wie mit der Auswahl an der Käse-Theke im Delikatessen-Geschäft – üppig und unübersichtlich.
Es gibt zugleich zu viele Krankenhausbetten und zugleich zu wenige Versorgungsformen für Menschen im Zwischenreich zwischen Krankheit und Pflegebedürftigkeit – was sich in der alternden Gesellschaft sehr bald als gravierendes Problem erweisen wird, wenn es das nicht schon ist. Und schließlich: In Zeiten der allumfassenden Big-Data-Dominanz sind Deutschlands Krankenhausbetten – mit Ausnahme des intensivmedizinischen Bereichs – eine Blackbox. Das alles ist unverständlich, unerträglich, gruselig – und lange, lange bekannt, aber ignoriert
Vorhalten von Leistungen soll bezahlt werden
Für all diese Verwerfungen, Verfehlungen und Versäumnisse gibt es in Karl Lauterbachs Reformempfehlungen, nein, keine fertigen Lösungen, aber profunde Lösungsänsätze. In den Krankenhäusern soll künftig auch das reine Vorhalten von Leistungen bezahlt werden, nicht allein die einzelne Leistung? Gut, das geht gegen die ökonomisierte Fabrik-Medizin.
Kliniken sollen nur mehr Leistungen erbringen, für die sie wirklich genug Expertise und Ausstattung haben? Gut, das verringert das Risiko für Patienten, Opfer zweitklassiger Medizin zu werden. Deutschlands Hospitäler sollen klare Typisierungen bekommen – von einfacher Grund- bis zur Maximalversorgung? Gut, das wäre der Königsweg zu einer bedarfsgerechten Krankenhauslandschaft.
Daraus, vereinfacht zusammengefasst, besteht Karl Lauterbachs Masterplan für die Krankenhäuser. Wenn er umgesetzt würde – ein Prozess über Jahre hinweg, wäre Deutschlands Krankenhaus-Misere vielleicht nicht vollends kuriert, der Zustand wäre aber ein besserer. Wenn. Wenn der Plan umgesetzt würde.
Länder müssen Krankenhaus-Reformplänen zustimmen
Karl Lauterbach braucht dazu aber die Zustimmung der Länder, zumindest für weite Teile seiner Reform. Nun muss man aber nur an Masken oder Impfpflicht oder Quarantäneregeln denken, um zu ermessen, welche niederschmetternde Wucht diese drei Worte haben: Zustimmung der Länder. Desolates Zeugnis für den Föderalismus, aber diese drei Worte sind zum Synonym geworden für: Das wird nichts.
Aber so ist es eben: Die Länder planen, wo welche Art von Krankenhaus entsteht. Bayern und NRW haben ihre roten Flaggen bereits ausgepackt, “Hände weg von unseren Klinik-Gärtchen”, heißt es von dort ebenso prompt wie ernüchternd. Ja, Karl Lauterbachs Reform kann viel an der deutschen Krankenhaus-Misere verbessern, wenn sie sich umsetzen lässt. Wenn. Vielleicht muss man auf ein föderales Wunder hoffen.