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- Die Produktivität in den USA ist in den letzten Quartalen deutlich gesunken.
- Auch wenn es der Wirtschaft im Moment weitgehend gut geht, ist ein Rückgang der Produktivität in der Vergangenheit meist ein Frühindikator für eine Rezession gewesen.
- Es wird allgemein erwartet, dass die nächste Stufe der Digitalisierung mithilfe künstlicher Intelligenz die Produktivität steigert, doch noch ist davon nichts zu spüren.
In den USA wird aktuell viel über einen bevorstehenden Wirtschaftsabschwung geredet. Eine Rezession bei Deutschlands wichtigem Handelspartner würde auch unsere Wirtschaft zusätzlich belasten. Im Alltag ist in den USA bisher aber kaum zu spüren, dass eine Flaute bevorstünde.
Bars und Restaurants sind voll. Fluggesellschaften bereiten sich auf eine Rekordsaison vor. Menschen zahlen Rekordpreise, um Taylor Swift zu sehen. Ähnlich sieht es am Arbeitsmarkt aus, der die Erwartungen immer wieder übertrifft.
Doch es gibt auch Faktoren, die die US-Wirtschaft nach unten ziehen. Eine der wichtigsten Kräfte ist schwer im Alltag zu spüren. Es geht um die Produktivität, also den Output der Unternehmen im Verhältnis zu den geleisteten Arbeitsstunden.
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Im Moment stellen viele Unternehmen in den USA wie in Deutschland immer noch neue Mitarbeiter ein. Aber sie holen nicht mehr so viel aus ihnen heraus. Das deutet auf eine Verlangsamung der Wirtschaft hin.
Der Produktivitätsrückgang in den USA hat bereits Ende 2021 begonnen – nach einem Jahrzehnt mit zunehmender Produktivität. Seither sank die Arbeitsproduktivität fünf Quartale in Folge. Das ist die längste Serie dieser Art seit Beginn der Aufzeichnung. Auch in Deutschland sinkt die Produktivität aktuell stark.
Darum ist die Produktivität so wichtig
Die Produktivität ist einer der wichtigsten Faktoren für die Entwicklung des Wohlstands. Dabei geht es nicht vorrangig darum, Menschen dazu zu bringen, härter zu arbeiten. Zur Steigerung der Produktivität gehört auch und vor allem der Einsatz von Technologie zur Verbesserung der Prozesse, Arbeitsabläufe und der Gesamteffizienz.
Warum sinkt die Produktivität in den USA in den letzten Jahren? Experten wie Ex-Finanzminister Larry Summers führen das auf weniger inspirierte Mitarbeiter zurück, die eher Trends wie der inneren Kündigung“ oder dem „Bare Minimum Monday“ folgen.
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„Es gibt eine hochgradig fähige Belegschaft, die sich teilweise an stillen Kündigungen beteiligt“, sagte Summers im Oktober 2022 der Washington Post. Dies führe zu einem gewissen Maß an Fehlzeiten und damit wahrscheinlich zu einer geringeren Produktivität.
Umstritten ist auch der Effekt des Home-Office. Die Chefs großer Tech-Konzerne wie Mark Zuckerberg und Marc Benioff haben angedeutet, dass sich die Zunahme des mobilen Arbeitens negativ auf die Produktivität auswirkt.
Ein weiterer Grund könnte die Praxis des „Hortens von Arbeitskräften“ sein. Arbeitgeber, die nach der Corona-Pandemie verzweifelt nach Arbeitskräften suchten, halten nun trotz sinkender Gewinne an ihnen fest. Große Einzelhandelsunternehmen wie Walmart, Target und Kroger kämpfen verbissen um Arbeitskräften. Das Horten von Arbeitskräften ist problematisch, wenn ein wirtschaftlicher Abschwung bereits im Gange ist.
So schwierig es ist, einen einzelnen Grund für den Produktivitätsrückgang auszumachen, so schwierig ist es zu sagen, was den Trend umkehren könnte. Eine wachsende Zahl von Experten glaubt jedoch, dass die nächste Stufe der Digitalisierung mithilfe künstlicher Intelligenz dabei helfen dürfte.
Der Einfluss der künstlichen Intelligenz
Angeführt von OpenAIs Tool ChatGPT haben Interesses und die Investitionen in diesen Bereich stark zugenommen. Eine aktuelle Studie der Universität Stanford und des MIT in Boston ergab, dass Mitarbeiter großer Unternehmen mit generativen KI-Tools bereits jetzt um 14 Prozent produktiver waren.
Das Brookings Institute stimmt dem zu, ebenso wie der Investor Paul Tudor Jones oder der Analyst Ed Yardeni, der in der Verbreitung von Künstlicher Intelligenz den Beginn eines neuen Booms sieht.
Darüber hinaus hat Goldman Sachs kürzlich vorausgesagt, dass die positiven Auswirkungen der KI auf die Produktivität das Gewinnwachstum in den nächsten 10 Jahren nach oben treiben könnten.
Bisher haben sich die positiven Auswirkungen der KI auf die Produktivität aber noch nicht in den Daten niedergeschlagen. Vielmehr lässt der Produktivitätsrückgang die Alarmglocken für die Wirtschaft schrillen.
Der Artikel erschien zuerst bei Business Insider in den USA mit dem Titel: „Everyone is getting less productive, and that’s a big problem for the economy“. Das Original lest ihr hier.
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